„Auf’s Handy glotzen keiner mag, ist fesselnd denn der Gastvortrag.

„Wenn alles schläft und einer spricht, dann nennt man dieses Unterricht.“ – „Auf‘s Handy glotzen keiner mag, ist fesselnd denn der Gastvortrag.“ Selten haben die Lehrkräfte ihre Schüler derart aufmerksam erlebt wie am 7. Dezember 2022. Vermittelt über die Gemeinschaft Sant’Edigio hielt Joaquín José Martínez einen Gastvortrag über seine Geschichte: Er lebte in Florida den American Dream und stürzte jäh, als er im Rahmen eines Rosenkrieges und des Sorgerechtsstreits um seine kleinen Töchter von seiner Ex-Frau mit einem Doppelmord in Verbindung gebracht worden war. Durch Skurrilitäten des US-Justizsystems sollte er unschuldig zum Tode verurteilt werden und drei Jahre im Todestrakt vegetieren.

Fesselte sein Publikum: J.J. Martínez während seines bewegenden Vortrages (Foto: J. Christ)

Dort verlor alle Hoffnung und den Glauben an Gott und die Welt. Nachdem sich insbesondere sein spanischer König Juan Carlos I., die EU sowie Papst Johannes Paul II. für ihn stark machten, konnte er in einem Berufungsprozess durch erwiesene Unschuld freigesprochen werden. Ohne Entschuldigung, ohne Entschädigung, doch als geläuterter Mensch, Mann und Vater begann er sein zweites Leben und er erläutert seitdem seine Geschichte, seine persönliche Sicht auf die Todesstrafe und alles was dazugehört: Physische und psychische Folter, Einzelhaft ebenso wie die Freundschaften mit Schicksalsgenossen, die nicht die finanziellen Mittel hatten, um ihre Unschuld zu Lebzeiten zu beweisen. Schüler wie Lehrer klebten an seinen Lippen, als er tiefgründig und humorvoll zugleich in intimer Atmosphäre den Zuhörern direkt ins Herz sprach. Die kaum hohe sprachliche Barriere des Vortrages auf Englisch vermochte seine Botschaft von Mitgefühl, Vergebung und Liebe mit Leichtigkeit zu nehmen. Im Anschluss an den Vortrag freute er sich über die Anfragen der Schüler und persönliche Begegnungen.

Tobias Schüßler

12.12.2022